Zoll

Zoll

Wer kennt nicht die Situation: Eine Gruppe von 10 - 15 Zollbeamten erscheint überraschend in einem Unternehmen. Es werden nicht nur im Unternehmen selbst, sondern auch im Privatbereich der Unternehmensleitung Unterlagen mit der Begründung sichergestellt, dass von Verstößen gegen das Schwarzarbeitsgesetz oder das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz auszugehen sei. In diesem Zusammenhang kommt es nicht selten zu langjährigen Strafverfahren wegen angeblicher Vorenthaltung von Sozialabgaben bzw. wegen Betrugs. Gleichzeitig dazu erlässt die Deutsche Rentenversicherung Nachforderungsbescheide im Hinblick auf angeblich geltend zu machende, aber erfolgte Beitragszahlungen.

Es folgen im Allgemeinen mehrjährige Ermittlungszeiten. Während dieser Zeit sehen sich die Unternehmer oder deren leitende Mitarbeiter den erheblichen Strafvorwürfen ausgesetzt. Zudem lasten auf ihnen immer für etliche Jahre die teilweise exorbitant hohen Sozialversicherungsbeiträge.

Schaut man dem Zoll näher auf die Finger, kommt man zu folgendem verblüffenden Ergebnis: Die Zollbeamten, die ursprünglich zur Sicherung der deutschen Außengrenzen tätig waren, sind nach Erweiterung der EU und dem damit einhergehenden Wegfall der Außengrenzen weitgehend arbeitslos geworden. Nun hat ihnen das Bundesfinanzministerium die Aufgabe zugewiesen, Schwarzarbeiter usw. zu ermitteln. So werden sie teilweise in äußerst anspruchsvollen Rechtsgebieten tätig, wie beispielsweise der Abgrenzung von werkvertraglicher Tätigkeit und Arbeitnehmerüberlassung. Wie die Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen zeigt, ist dies aber außerordentlich schwierig. Es kommt hierbei auf die exakte Kenntnis der Abgrenzungskriterien an, die verständlicherweise bei den tätig werdenden Zollbeamten nicht vorhanden ist. Hinzu kommt der erhebliche Erfolgsdruck, unter dem der Zoll steht. Man hat nach dem Wegfall der Außengrenzen sehr viele Beamte, die zu bezahlen sind und muss deswegen entsprechende Einnahmen tätigen. So müssen dann mal schnell Unternehmen mit einigen wenigen Mitarbeitern sechsstellige Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.

Insbesondere ist die Art und Weise, wie teilweise seitens des Zolls vorgegangen wird, als suspekt anzusehen. Dies wird nicht nur aus der Sicht der Betroffenen so gesehen, sondern ganz klar aus der Sicht der staatlichen Verwaltung selbst. 

So heißt es in einem Aufsatz des Amtsrats Manfred Büttner von der Steuerfahndungsstelle Stuttgart (Lehrbeauftragter an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg) aus dem Jahr 2006 mit dem Titel: "Unzulässige Ermittlungen der Zolldienststellen 'Finanzkontrolle Schwarzarbeit' in Fällen des Sozialabgabenbetruges“:

Seit mehr als 15 Jahren ist der Zoll auch bei der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit eingesetzt. Waren die Zollbeamten anfangs lediglich reine Prüfkräfte, die zur Unterstützung des Arbeitsamtsaußendienstes eingesetzt wurden, sind den Hauptzollämtern bis heute Zug um Zug weitergehende Aufgaben übertragen worden. Dabei wurden ihnen in eingeschränkter Form auch Polizeirechte zuerkannt. In der Praxis werden diese Rechte, insbesondere in Zusammenhang mit Sozialabgabenbetrugsfällen, vielfach in unzulässiger Weise wahrgenommen.

Tatsächlich werden seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit 2002 in einer nicht unerheblichen Zahl an Fällen Beamte des Zolls mit strafprozessualen Ermittlungshandlungen in Zusammenhang mit der Hinterziehung von Sozialabgaben betraut, obwohl sie insoweit weder die Befugnisse der Polizeivollzugsbehörden inne haben noch Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind.
- Amtsrat Manfred Büttner, Steuerfahndungsstelle Stuttgart -


In dieser Situation ist es für die betroffenen Unternehmen von äußerster Wichtigkeit, fachkundige Unterstützung in jeglicher Hinsicht zu bekommen. Hierzu wurde vor einigen Jahren die Arbeitsgemeinschaft Werkverträge und Zeitarbeit gegründet. Diese wendet sich sehr erfolgreich gegen die unberechtigte Inanspruchnahme bisher unbescholtener Unternehmen in den verschiedenen betroffenen Branchen. Man darf sich nicht alles gefallen lassen.


Share by: