Mehr Infos zum BAG Urteil v. 18.03.2020 – 5 AZR 430/18

Mehr Infos zum Urteil des BAG v. 18.03.2020 - 5 AZR 430/18


Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassung in der Metall- und Elektroindustrie
BAG Urteil v. 18.03.2020 – 5 AZR 430/18

Sachverhalt: Wann stehen einem Leiharbeiter Branchenzuschläge aus dem Tarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie zu?
Die Parteien stritten über die Zahlung von Branchenzuschlägen für eine Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger war bei der Beklagten, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Leiharbeiter beschäftigt. Mit Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag haben die Parteien eine dynamische Bezugnahme auf den Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie vom 22. Mai 2012 (TV BZ ME) vereinbart.

Danach erhalten Leiharbeiter für den ununterbrochenen Einsatz im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag.

Der Kläger wurde von der Beklagten während des gesamten Arbeitsverhältnisses einem Kunden (Entleiherin) überlassen. Die Entleiherin vertreibt in Deutschland Drucker, Multifunktionsgeräte, Verbrauchsmaterialien sowie Software und erbringt in diesem Zusammenhang entsprechende Dienstleistungen wie Managed Print Services, Herstellergarantieleistungen, Wartungsleistungen und Professional Services. Die Entleiherin unterhält keine Produktionsstätte in Deutschland. Die Elektroartikel werden bei der Muttergesellschaft in den USA hergestellt und von der Entleiherin bei den Kunden aus vorgefertigten Teilen aufgebaut.

Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers habe in der technischen Betreuung der Kunden und der Durchführung der Wartungsverträge gelegen. Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME gewährte die Beklagte dem Kläger nicht.

Mit seiner Klage forderte der Kläger die Zahlung von Branchenzuschlägen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 13. August 2015 in Höhe von insgesamt 12.470,50 Euro brutto nebst Zinsen.

Entscheidung des BAG: Kein Anspruch auf die Zahlung von Branchenzuschlägen
Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Branchenzuschlägen hat, da der fachliche und persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags nicht eröffnet ist. Der Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung nicht an einem Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie überlassen. Der Betrieb der Entleiherin ist weder ein Katalogbetrieb aus dem Tarifvertrag noch ein Unterstützungsbetrieb.

Die Entleiherin unterhält keinen Katalogbetrieb des Tarifvertrages
Die Entleiherin unterhält weder einen Betrieb der Elektrotechnik, der Elektro- und Elektrotechnikindustrie noch der Hardwareproduktion.

Der Begriff Elektroindustrie erfasst Betriebe, die elektrische Bedarfsartikel industriell herstellen, wobei der Begriff der Industrie die Massenherstellung von Waren mit technischen Mitteln und aufgrund von Arbeitsteilung in Großbetrieben erfasst. Unter dem Begriff der Elektrotechnik wird üblicherweise der Zweig der Technik verstanden, der sich mit der technischen Anwendung der physikalischen Grundlagen und Erkenntnissen der Elektrizitätslehre befasst. Hiervon ausgehend beschäftigt sich der Wirtschaftszweig der Elektrotechnikindustrie mit der Massenherstellung entsprechender Waren.

Der Begriff der Hardware umfasst die Gesamtheit der technisch-physikalischen Teile einer Datenverarbeitungsanlage. Entsprechend ist unter dem Wirtschaftszweig der Hardwareproduktion die Herstellung solcher Teile zu verstehen.

Die von der Entleiherin im Zusammenhang mit dem Vertrieb erbrachten Dienstleistungen, wie Wartung und Herstellergarantieleistungen, Managed Print Services und Professional Services stehen in ihrem Anteil hinter den Vertriebstätigkeiten deutlich zurück. Von den insgesamt 209 Mitarbeitern der Entleiherin waren 104 im Vertrieb tätig und es wurden lediglich 14 Techniker beschäftigt. Die übrigen Mitarbeiter fanden sich im Bereich Verwaltung und Personal. Eine Herstellung von Elektroartikeln bzw. Datenverarbeitungsanlagen, wie sie den genannten Katalogbetrieben eigen sein muss, findet im Betrieb der Entleiherin somit nicht – wie erforderlich – überwiegend statt.

Das BAG stellte außerdem fest, dass es nicht auf den Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers ankommt, sondern auf die im Entleiherbetrieb überwiegend ausgeübten Tätigkeiten.

Die Entleiherin unterhält auch keinen Unterstützungsbetrieb
Der Kläger war auch nicht in einem Unterstützungsbetrieb des Entleihers eingesetzt. Unter den Unterstützungsbetrieben versteht man Betriebe, die nicht originär einem der im Tarifvertrag genannten Wirtschaftszweige unterfallen. Sie unterstützen aber nach ihren ausschließlichen oder überwiegenden betrieblichen Tätigkeiten den Fertigungsprozess eines Katalogbetriebs. Deshalb „gehören“ sir zum entsprechenden Wirtschaftszweig in dem Sinne. Kennzeichnend für den Hilfs- oder Nebenbetrieb ist, dass der betreffende Betrieb ein selbständiger Betrieb ist, der für einen anderen Betrieb – den Hauptbetrieb – eine Hilfsfunktion ausübt und den dort verfolgten Betriebszweck unterstützt.

Für die Bestimmung, ob ein Unterstützungsbetrieb vorliegt oder nicht, ist entsprechend diesem Zweck zu fragen, ob die unterstützende Tätigkeit des Einsatzbetriebs dem Fertigungsprozess eines Katalogbetriebs dient. Ein Unterstützungsbetrieb im Sinne des Tarifvertrags liegt nur dann vor, wenn dort Tätigkeiten am Produkt eines Betriebs der genannten Wirtschaftszweige zum Zwecke seiner Herstellung, Verbesserung, Reparatur, Ergänzung oder Zusammenfügung vorgenommen werden.

Im vorliegenden Fall unterstützt die Vertriebstätigkeit der Entleiherin nicht die Produktion von Druckern, Multifunktionsgeräten, Verbrauchsmaterialien und Software. Der Vertrieb der Entleiherin knüpft vielmehr erst an das bereits fertiggestellte Produkt an.

Fazit: Branchenzuschläge nur bei überwiegender Tätigkeit an einem Produkt der Metall- und Elektroindustrie
Aus dem Urteil wird deutlich, dass Branchenzuschläge Leiharbeitern nur zustehen, wenn der Entleiherbetrieb überwiegende Tätigkeit an einem Produkt der Metall- und Elektroindustrie zum Zwecke seiner Herstellung, Verbesserung, Reparatur, Ergänzung oder Zusammenfügung vornimmt. Es kommt nicht auf die Tätigkeit des Leiharbeiters an, sondern nur auf die im Entleiherbetrieb überwiegend ausgeübten Tätigkeiten.



siehe auch unter: https://protag-law.com/branchenzuschlaege-fuer-arbeitnehmerueberlassung-in-der-metall-und-elektroindustrie-bag-urteil-v-18-03-2020-5-azr-430-18/
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